MITGLIEDER

Text von:
Julius Handl

Hundezone

Ich habe es lange geleugnet, aber mein Geschmack ist eine
Hundezone. Sie steht in einer Gegend, gebaut wie das Unwohlsein
selbst. Eine Gegend, die noch keine ist, weil Gegenden erst auf
dem Radar derer entstehen, die etwas aus ihr machen. Diese Mittel
habe ich nicht. Und so wird auch die Hundezone nicht errichtet,
sondern sie wird gesetzt, gezwängt. Ihr wird Platz beschieden,
bestenfalls. Und das ist mein Problem. Meine Gefühle genießen
dort Freilauf, so sagt man: Sie beschnuppern sich, fetzen über den
hohlen Baumstamm, jagen einen vergessenen Ball. Es ist ein
Gräuel. Geschmack, das klingt nach dem Bruder der Identität.
Aber schauen Sie sich im Spiegel an, nachdem Sie darauf kommen,
dass ihre Identität wie ein Krawattenknoten gebunden ist und den
Uhrzeiten der Verwaltung folgt. Aber Sie stellen fest: Knoten
lassen sich lösen. Also packen Sie die Schere weg, lassen Sie die
lustige Hecke sein, die Ihrer Euphorie gepflanzt wurde, um den
Maschendraht zu verdecken. Lassen Sie die Hunde machen und
bücken Sie sich nicht für sie. Sie laufen im Kreis, dieselben
Bahnen, während Sie sich auf der Bank niederlassen und ins
Grübeln verfallen. Meine Wut hat ihre Leine zerbissen, also habe
ich vorgesorgt. Im Stil verklungener Klischees werde ich mich
heute Nacht am eigenen Geschmack rächen: Hut, Handschuh,
Umhang und unterm Arm, ein tickendes Paket, in Zeitungspapier
gewickelt. Sie lachen, aber ich staune. So leicht war mir das nämlich
nicht, zu behaupten, dass ich ihn habe, den freien Willen. Aus der
Entfernung werde ich dabei zusehen, wie die Zäune in der
Unkenntlichkeit verschwinden. Die Hunde werden durch die Stadt
laufen, über ihre hintersten Winkel hinaus. Ich bin schon gespannt,
was sie von dort mitbringen.