MITGLIEDER
Text von:Rudolf Hochwarter
Das verlassene Haus
alles ist der Lafnitz zugewandt
alles atmet ihr Leben
das Tal, der Einschnitt, die Hänge
alles richtet sich nach dem Fluss
während Kriege unaufhörlich toben
liegt das Haus angeschmiegt am Hang
ruhig, friedlich, aber verlassen
nur vom Atem der Lafnitz umgeben
zufrieden nach all den Generationen
erbaut aus Schiefergestein und Holz
entnommen aus diesem Tal
nun langsam ein Versinken darin
von Menschen verlassen
steht es am Oberlauf – noch
oberhalb der Hamonsäge
fast unzugänglich
am Eingang des weglosen Einschnittes
am Austritt der Lafnitzschlucht
kein Weg führt weiter
alle kommen von oben, von der Leiten
kein Asphaltweg führt dorthin
ein überwachsener Feldweg
dahinter eine Streuobstwiese, steil
gebrechliche, knorrige Obstbäume
war einmal eine Schafweide
Reste vom Elektrozaun
dahinter der Wald
der immer näher kommt
schon wachsen kleine Fichten
aus den rostigen Dachrinnen
und in den Wandritzen der Steinmauern
siedeln Farne und Kräuter
rostige Fenstergitter
abblätternde Farbe am Holzrahmen
zerbrochene Glasscheiben
darin spiegelt sich der dunkle Wald
drinnen Staub, Moder und Spinnweben
auch Tiere haben sich eingenistet
überall ein Zerfall
überall ein Versinken
die Menschen sind gegangen
hinaus in die Ebene
wahrscheinlich in die große Stadt
weg von dieser Stille
war es nicht immer so
das Hausschicksal im Grenzgebiet
niedergebrannt, zerschossen, wieder aufgebaut
Menschen blieben, kamen und gingen
dieses Haus liegt im Sterben
trotzdem gehen eine Kraft und Schönheit aus
trotzdem Wärme und Geborgenheit
trotzdem wirkt es wie ein Zuhause
das verlassene Haus
scheint im Versinken in der Landschaft
noch all das auszustrahlen
und ist eins mit der Lafnitz