MITGLIEDER

Text von:
Dimitré Dinev

Ausschnitt aus der Erzählung „Spas schläft

Spas erfuhr auch, daß es schwarze und weiße Arbeit gibt. So wie das Brot. Nur daß die weiße Arbeit jedem besser schmeckte. Von einer offiziellen Arbeit träumte jeder, sie war die Rettung. Aber auch die schwarze war etwas. Sie war ein Trost. Also tat man alles, um zu irgendeiner Arbeit zu gelangen. Man hörte von amerikanischen Sekten, die ihren Mitgliedern Arbeit verschafften. Also ließ man sich taufen. Man hoffte nicht, Gott zu finden, sondern Arbeit. Man ging zu ihnen. Man wurde naß. Man tropfte. Man lächelte schüchtern. Die Gemeinde freute sich. Mehr kriegte man von dem Wunder der Taufe nicht mit, aber manchmal kriegte man Arbeit, und das kam einem Wunder gleich. Manche ließen sich ein paar Mal taufen, aber es geschah kein Wunder. Sie waren nur öfter naß. Das machte nichts. Es war nur Wasser. Sie trockneten sich schnell ab und suchten weiter. Eine wirklich reinigende Suche.
Die offizielle Information lautete: Man bekommt Arbeit nur dann, wenn man eine Arbeitsbewilligung hat. Und eine Arbeitsbewilligung bekam man erst dann, wenn man eine Arbeit hatte. Viele Herzen zerbrachen an diesem Paradoxon. Sie wurden kalt und unempfindlich. Man griff sich selbst oder die anderen an. Man verlor ab und zu Zähne. Geduld und Hoffnung hatte man schon verloren. Man zitterte wie nach einer Taufe, aber man trocknete nicht. Man wollte trinken. Man griff nach einer Flasche. Es gab so viele auf dem Regal. Schön geordnet in schönen Geschäften. Man nahm eine mit. Bezahlen wollte man sie später. Eben wenn man eine Arbeit hatte. Gewissen hatte man noch, aber kein Geld. So war es bei manchen, nicht bei allen. Die meisten gaben nicht so leicht auf. Spas gehörte zu ihnen.