MITGLIEDER

Text von:
Linda Kreiss

Altweibersommer

Fragmente von Feenschleiern in unserem Haar
wandeln wir unter der herbstlichen Mittagssonne
am Ufer des still glitzernden Steppensees.

Die  Weiden am Ufer tragen die verfrachteten Spinnfäden
wie Hochzeitsgespinste in ihrer rauen Borke.
Umsonst, sie werden morgen schon wieder verschwunden sein.

Erinnerungsfetzen längst vergangener Zeiten:
der Geruch  nach Erde und Ernte, nach Reife und Fülle,
die Vorfreude auf Ruhe nach einem langen Tag voller Arbeit und Mühe.

Die Ahnung von Freiheit,
aufkeimende Sehnsucht nach Ferne und Weite.
Der Wunsch, vom Wind davongetragen zu werden.

Einen Flugfaden spinnen, von einem Windstoß erfasst und emporgehoben werden.
Unter den wärmenden Strahlen einer Altweibersommersonne schweben,
anderswo verortet werden.

Das Leuchten am Abend auf deinem lieben Gesicht,
wenn du die untergehende Sonne betrachtest.

Die Fülle darin ist auch die Fülle unserer Liebe.