MITGLIEDER
Text von:Regine Koth Afzelius
Gnadenlose Exfrau
Draußen gingen Spaziergänger den Pfad des angrenzenden Waldes entlang, und Fred bellte gegen die Fenster.
»Die Leute sollen ruhig glauben, ich hätte einen Hund!«, sagte er beschwingt.
»Und dann werden sie doch merken, du hast einen Vogel –«, sagte ich ebenso schwungvoll, drückte die Ohrenstöpsel in die Gehörgänge zurück und ließ mich wieder in Kierkegaard sinken. Die Stöpsel drin, und die Welt rückte ein Stück auf Abstand. Blieb gebührend draußen. Innen breitete sich Wohliges aus. Fred wandte sich ab und erneut der Gebrauchsanweisung des Modellbau-Motors zu, jeder Schritt wollte laut gelesen sein. Backwerk duftete aus der Küche. Da schrillte es an der Haustür. Mit Klirren sprang die bequeme Langeweile in Stücke, unerwartetes Läuten barg selten Anlass zu Erfreulichem. Fred schlich an mir vorbei zur Tür, warf einen Blick durch den Spion. »Fernsehgebühr!«, hauchte er, mit drei Sprüngen im ersten Stock, riss das Fenster auf, zwitscherte, ohne sich zu zeigen, betont fröhlich hinab: »Einen kleinen Moment bitte, bin noch unter der Dusche!« Heureka, eine Verrücktheit, dachte ich. Fred, unten jetzt, sprang ins Wohnzimmer. Öffnete den Schrank mit dem überdimensionalen Fernsehgerät. Zwei Handgriffe – er montierte die Kabel ab, schleppte das Monster mit der Urgewalt eines um Haus und Hof Zitternden in die Tiefe des dunklen Kellerschlunds. Sogleich schnappte er das Zweitgerät im Schlafzimmer und zerrte es samt Radio ins undurchschaubare Dickicht hinunter. Alsbald flog Hemd, dann Hose. Fred in Höchstform zischte vorbei, nackt hinauf und in die Dusche. Kam nass und an der Hüfte ein Handtuch die Stiegen herab, atmete stufenmäßig sich zur Ruhe und öffnete lässig, knapp fünf Minuten nach dem Läuten, die Haustür. Ich stahl mich in die Küche, aus der Geruch drängte, zerlegte den knusprigen Gugelhupf und spitzte im Schutz des Halbverbrannten die Ohren. Hörte, wie im Wohnzimmer Schränke geöffnet und wieder geschlossen wurden. Hörte Fred erst »Exfrau!« knurren und dann winseln »... alles mitgenommen.«
Das Kontrollorgan hatte kein Bedürfnis mehr, den Rest des Hauses zu durchsuchen. Die beiden Männer kamen aus dem Wohnzimmer, vorbei an der Küche, ich zeigte mich kurz, grüßte stumm. Stumm auch begleitete Fred den Mann, der teilnahmsvoll sich an der Tür verabschiedete, als sei das Szenario geplünderter Haushalte ihm nicht unbekannt. Kaum dass die Schritte im Kies verblassten, bellte es neben mir. Fred hechelte, wedelte, sprang an mir hoch. Verheiratet? Nie! Und wenn –