MITGLIEDER

Text von:
Jakob Kraner

Von den stummen Vätern

Zwei von diesen gelben Telefonzellen, in die Wände von U-Bahn-Stationen eingelassen. Ich rieche an den Telefonen, aber sie haben den typischen Geruch nicht, den Geruch von Münztelefonen, den ich von früher kenne.

Ich verlasse die Station über die Wienflussbrücke Richtung Hietzing, wo ein Müllmann die Stufen der Brücke kehrt. Das Einbiegen in Hietzinger Wohnstraßen ist wie mit Schuhen auf einen guten Wohnzimmerteppich treten, einen solchen Wohnzimmerteppich, den man mit Schuhen betritt, weil Schuhe an diesen Orten nicht schmutzig sind. Kaum Autos auf diesen Hietzinger Wohnstraßen. Bäume und Stromkästen auf diesen Hietzinger Wohnstraßen. Zäune. Hohe, verzierte Fassaden, gelb mit weißer Stuckatur.

Hinter den Fassaden stumme Väter in blauen Hemden. Solche, die kurz im Türrahmen auftauchen. Man traf diese stummen und geschäftigen Väter, wenn man in diesen Häusern zu Gast war. Am Sonntagvormittag, nach dem Aufstehen traf man sie, auf dem verstohlenen Weg zur Toilette und murmelte ein Grüßgott, nachdem man vor den großen Flachbildschirmen der Söhne die Nacht verbracht hatte. Die Bong am Couchtisch trübte die Sicht vom Sofa auf den Fernseher.

Dauerwerbesendungen, computergenerierte Vögel flogen hinter der schwarzgrauen, rußigen Patina des Bongglases durchs Bild. Schnuffel, der Hase, und Crazy Frog gingen hinter der schwarzgrauen, rußigen Patina des Bongglases durchs Bild. Hol dir jetzt den Klingelton im Jamba Sparabo.

Die Väter klopften und dann kamen die Söhne und die Väter murmelten zu ihren im Türstock stehenden Söhnen.

Die Bong haben die Söhne vorher hastig hinter den Vorhang gestellt.

Und die Söhne kamen zurück und schnaubten, sagten aber nichts und die Söhne bröselten den Tabak von Chesterfield-Zigaretten in kleine Schüsseln.