VERSTORBENE MITGLIEDER
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Biographie
geboren: 05.08.1939 in: Marburg verstorben: 10.02.2015Peter Jirak ist tot. Er starb am 10. Februar 2015. Mit ihm verliert die Welt einen wahren Kulturmenschen, der in der Philosophie ebenso daheim war wie in der Malerei und Schriftstellerei, der Gastrosophie und der Lebenskunst.
Geboren 1939 in Maribor/Marburg an der Drau, studierte er Malerei und Bildhauerei in Wien, wohin seine Familie aus dem kriegszerstörten Jugoslawien geflohen war. Als Vorsitzender des „Sozialistischen Österreichischen Studentenbundes“ (SÖS) war er vereinsrechtlich verantwortlich für das legendäre „Shit in“ am 7. Juni 1968 im „Neuen Institutsgebäude“ der Universität Wien, bei dem auch Günter Brus, Otto Mühl und Oswald Wiener anwesend waren. Für Peter Jirak hatte die Veranstaltung mit dem Titel „Kunst und Revolution“ böse Konsequenzen. Als einziger Studierender wurde er offiziell von der Universität Wien relegiert. In Berlin schloss er sich dem SDS an und studierte Philosophie bei Johannes Agnoli. Doch statt einer Professur erhielt er im Jahre 1974 ein Berufsverbot in Deutschland. Daraufhin wanderte er ins italienische Ligurien aus, wo er sich der Malerei widmete und bei der Gründung der „Slow Food“-Bewegung mitmischte. Auch begann er zu schreiben und veröffentlichte seinen ersten Roman „Im Augenblick der Gefahr“ (Stroemfeld/Roter Stern). Im Promedia Verlag sind von ihm erschienen: „Erotik und Gourmandise. Ein gastrosophischer Diskurs vom menschlichen Glück“ (1992) und „Nekrophiler Kapitalismus. Vertreibung oder Triumph der Bestie“ (2009).
So unbeugsam und widerborstig sich seine Biographie gestaltete, so barock und opulent konnte man Peter Jirak bei einem ausgiebigen Gelage erleben. Menschen, die ihn näher kannten, wissen, dass er in Unfrieden mit dieser Welt gestorben ist, deren Herrschaftsverhältnisse ihn dennoch mehr als 75 Jahre lang nicht brechen konnten.
Peter Jirak war ein öffentlicher Mensch. Wir trauern um den Verlust. Seiner Lebenspartnerin Bärbel ist die Kraft zu wünschen, die notwendig ist, um ihren persönlichen Schmerz zu überwinden.
Nachruf: http://www.labournetaustria.at/peter-jirak-ist-tot/
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Peter Jirak wird 1939 in Marburg an der Drau als Sohn eines Malers geboren und wächst in einer altösterreichischen Familie auf. Aus dem zerstörten Königreich Jugoslawien flieht die Familie nach Österreich.
Er maturiert 1957, studiert dann Malerei in Wien an der Akademie der Bildenden Künste bei Gütersloh; Bildhauerei bei Wotruba, Wandmalerei in Zagreb bei Hegedušić. Besucht die Universität in Wien und wird dort 1972 zum Doktor der Philosophie promoviert.
Als Vorsitzender der Sozialistischen Österreichischen Studenten (SÖS) wird Peter Jirak zur persona non grata im österreichischen Wissenschaftsbetrieb, 1969 erfolgt die formelle Relegierung von der Wiener Universität. Nach Berlin übersiedelt, schließt er sich dem SDS an und gründet nach dessen Auflösung das Projekt „Turbine Moabit“. Später arbeitet er zusammen mit Johannes Agnoli an der Freien Universität Berlin und unterrichtet dort ab 1970 Kunstwissenschaft und an der TU-Berlin Architekturtheorie.
Statt einer Professur erhält er 1974 Berufsverbot, arbeitet als Lektor in verschiedenen Verlagen und wandert schließlich in ein kleines ligurisches Dorf aus. Dort kehrt er zur Malerei zurück.
Ständige Ausstellungen in Österreich, Deutschland, Italien, Schweden. Ankäufe durch die Albertina und das Kultusministerium in Wien. Werke in Privatbesitz verschiedener Kunstsammler wie Monsignore Mauer Wien, Irmgard Wiese München, u.a.
1980 veröffentlicht Peter Jirak seinen ersten Roman „Im Augenblick der Gefahr“ (Stroemfeld/Roter Stern, Frankfurt/Basel). Weitere Publikationen folgen wie Theorie der Architektur, Angst und Illusion, Elan Mortal (Droschel Verlag). Im ProMedia-Verlag Wien erscheinen „Erotik und Gourmandise“ (Ein gastrosophischer Diskurs vom menschlichen Glück) und „Nekrophiler Kapitalismus“, verschiedene Essays in Weg & Ziel, Im Neuen Forum, Die Neue Gesellschaft, etc.
Mitbegründer der Slow Food in Italien (1989) und Östererreich. Szenische Gestaltung von Gastmählern; zum Beispiel Der Verlorene Gaumen, Kulturboden Innsbruck; Steirischer Herbst (Beitrag: Nomadologie); Rettung der Welt Trienale (Beitrag: Der Homerische Ziegenmagen).
Die Grenzen seines Territoriums:
Der gastrosophische Diskurs
Philosophie und Poesie
Malerei und Kochkunst